Predigt Christkönig 2020
von unserem Pfarrer Vornewald
Christkönig! Was ist königlich?
Fangen wir langsam an! In diesen Tagen wurde der erste Teil der Biografie von Barack Obama vorgestellt. Jemand, der sie schon gelesen hat, berichtete im Radio, am Anfang würde Obama seine Mutter zitieren, die zu ihrem Sohn Barack sagte, als er noch ein Kind war: Das musst Du dir merken: es gibt zwei Arten von Menschen. Die Einen haben die Menschen im Blick, möchten was tun für andere, sind einfühlsam. Die anderen sind nur solange mit anderen gut, wie es ihnen selber nutzt und denken eigentlich nur an sich.
Christkönig! Was ist königlich?
In der vorletzten Woche war der Martinstag, leider für die Kinder an vielen Orten ausgefallen. Dabei geht es um eine uralte Legende: Der junge Soldat Martin steigt bei grausigem Wetter vom hohen Ross und teilt seinen Mantel mit einem Bettler. Soweit kennt es jeder. Und das ist ja auch eine großartige Geschichte. Aber die eigentliche Sinnspitze kommt erst danach. In der Nacht darauf hat Martin einen Traum, wo ihm Jesus entgegentritt mit der Mantelhälfte in Händen. Der Bettler war ich, hört Martin erstaunt. Danach hat Martin endgültig entschieden, Christ zu werden, bald darauf ließ er sich taufen. Denn ein Gott, der so mitfühlt und sich so um den Letzten kümmert, dass das, was man für ihn tut, für Jesus getan ist, das ist der wahre Gott.
Christkönig! Was ist königlich?
Am Donnerstag ging es in einem Krimi mal wieder um einen katholischen Priester. Zunächst hatte man den Eindruck, als würde das allbekannte Klischee mal wieder serviert. Der Priester hatte ein Projekt mit Straßenkindern, ein Junge wurde ermordet. Man fand ihn in den Armen des Priesters und der geriet unter Mordverdacht. Er schwieg. Irgendwann bekam man mit, dass er an das Beichtgeheimnis gebunden war und deswegen nicht reden konnte. Dann verschärfte sich sein Lage: Einer der Jungen sagte vor Gericht aus, er habe mit den Kindern Missbrauch getrieben. Der Verdacht des Mordes wurde so natürlich noch dringlicher. Denn niemand konnte wissen, dass der Junge erpresst worden war von einem Polizisten, der den Priester los werden wollte, denn seine Kinder waren ein Problem, weil sie klauten. Am Ende kam heraus, dass er nicht der Mörder war. Er hatte geschwiegen wegen des Beichtgeheimnisses, selbst als er dadurch selber in große Gefahr kam. Die letzte Szene des Films zeigt, wie er den Jungen wieder bei sich aufnimmt. Ich weiß, es war fast ein wenig klischeehaft. Aber mir hat es gut getan, dass im Unterhaltungsprogramm mal ein Priester als Priester dargestellt wurde, als jemand, der dem Reich Gottes dient!
Christkönig! Was ist königlich?
Am Donnerstag war Elisabethtag. Die Geschichte dieser Frau, die nicht nur als Landgräfin caritativ Dienste tat, sondern selber arm wurde, um den Menschen nahe zu sein, bewegt auch noch nach 800 Jahren Menschen. Sie hat die Armen als Menschen ernstgenommen. Das bedeutete für sie, dass sie sich als nichts besseres sah, sich keine anderen Rechte und Werte zubilligte. Sie hat ihr Leben mit ihnen geteilt. Als Landgräfin war sie als Einzige bei der Beerdigung eines Armen dabei, sie verteilte nicht nur Almosen. Eine Legende erzählt, dass sie einen Pestkranken in das Bett ihres Mannes gelegt hat, als der verreist war, um ihn zu pflegen. Nach dem Tod ihres Mannes wurde sie vom Hof vertrieben, ihr Schwager war der Meinung, sie sei nicht ganz bei Sinnen. Sie starb mit 24 Jahren im Hospiz in Marburg arm und mittellos. Sie hatte sich bei den Kranken angesteckt, die sie pefegte, wohl an Tuberkulose. Ihre große Verehrung zeigt, dass sie eine große Sehnsucht angestochen hat. Die Sehnsucht nach wirklicher Liebe, danach, dass jemand Ernst macht und Unterschiede von Schicht und Herkommen verwischt. Hier hatte niemand das Gefühl, unten zu sein. Nein, man wurde sich bewusst, welcher Adel es ist, ein Mensch zu sein!
Christkönig! Was ist königlich?
Es war kurz nach der Wende bei einer Jugendfahrt Ost West mit dem Fahrrad an der Ostsee. Einem Jugendlichen war in Wismar das Fahrrad geklaut worden. Er musste am nächsten Tag im Begleitfahrzeug mitfahren. Am nächsten Abend in Lübeck hatten wir keine Möglichkeit gefunden, mit der großen Gruppe gemeinsam zu essen, die Lokale waren entweder zu klein, ausgebucht oder zu teuer, also sollte jeder Jugendliche 10 DM bekommen, so dass die Jugendlichen sich in kleinen Gruppen was zum Essen besorgen könnten in der Stadt. Unterwegs hatten einige Mädchen eine Idee. Wenn nun wir alle auf die 10 DM verzichten, sagte Manuela, dannn kann sich der Michael doch ein neues fahrrad kaufen. In Lübeck angekommen, vereinbarten wir mit der Gruppe (Michael war abgelenkt und nicht dabei), dass jeder einzeln zu dem Leiter reinging, der das Geld ausgeben sollte. So konnte jede und jeder selber entscheiden, ob er das Geld nimmt oder nicht. Bis auf ein Mädchen verzichteten alle auf ihre 10 DM. Wir Leiter rundeten die Summe noch ein wenig auf. Vor dem Schlafengehen erzählte besagte Manuela bei unserer Abendrunde dem Michael von unserer Aktion. Der, eigentlich ein ganz Cooler mit großer Klappe, weinte vor Freude. Am nächsten Morgen vor der Weiterfahrt durfte er sich im Fahrradgeschäft ein Fahrrad aussuchen. Als er damit zu der Gruppe an, standen alle ringsrum: Unser Fahrrad für Michael!
Christkönig! Was ist königlich?
Welche Geschichte können Sie erzählen? Vielleicht erzählen sie mal darüber heute beim Mittagessen! Denn das ist wichtig. Was ist wirklich groß? Was ist es wert, dass man es königlich nennt? Was sagt Jesus? Z. B. die Letzten werden die ersten sein.
Der heutige Sonntag ist der Schlusspunkt des ganzen Kirchenjahrs. Natürlich, weil sich am Ende der Blick weitet und wir auf die Verheißung schauen, dass Jesus Christus in Herrlichkeit kommen wird. Aber doch auch die Zusammenfassung von all dem, was wir im Jahr miteinander gebetet und durchlebt haben. Er hat sich darin als unüberbietbare Autorität erwiesen, er hat mit Vollmacht gesprochen, hat uns Wege geöffnet und wir haben erfahren, dass sie ins Leben führen, er hat ganz von innen unglaubliches bewirkt, indem er vergeben und versöhnt hat, er hat befreit, indem er keinen Druck gemacht und Angst in Vertrauen verwandelt hat. Er hat eine große Perspektive eröffnet, was Menschsein ist. Und das hat einen Grund: Er hat geliebt. Natürlich, das ist eine Behauptung, aber Liebe kann sich nur zeigen, und es spricht für sich, beweisen kann man sie nicht. Keiner kommt um Vertrauen herum. Es gibt kein Darüberstehen. Das Zeichen seiner Liebe ist sein Sterben am Kreuz. Diese Liebe hat sich als größer, tiefer und weiter erwiesen am Morgen des dritten Tages. Und es ist wahrhaft die Sonne aufgegangen. Und diese Liebe geht weiter, durch den Geist, den er uns sendet von Mensch zu Mensch, von Generation zu Generation. Es wächst ein königliches Reich. Man sollte nicht vergessen, an jedem Tag eine Tagesschau anzusehen, wo es um das Wachsen dieses Reiches geht, im Großen wie im Kleinen! In dieser Perspektive liegt auch die Hoffnung auf Gerechtigkeit drin. Das, wonach wir uns sehnen. Gibt es das? Er wird uns gerecht! Auf eine absolut unbestechliche, klare Weise! Seine Liebe geht bis zum Allerletzten! In ihn fühlt er sich ein, so sehr, dass er sagt: Was ihr einem der Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan. Seine Liebe, die wir empfangen haben, ist das gerechte Maß!
Und wie die Geschichten zeigen, ist der Prozess, dass er in Herrlichkeit kommt und wir ihm entgegen gehen, schon mitten im Gang. Ab und an zeigt es sich so offensichtlich, dass er König ist! Hoffentlich können wir alle sagen: Auch bei uns! Wir müssen es uns erzählen. Gestern war ich zur Krankensalbung bei einer alten Frau. Über der Eingangstür ihrer Wohnung hing ein altes Bild mit zwei eher kitischigen Puttenengeln. Darunter standen wunderbare Worte: Wo Glaube – da Liebe; Wo Liebe – da Friede; Wo Friede – da Segen; Wo Segen – da Gott; Wo Gott – keine Not!